Zeitungsberichte
Interview mit Dr. Udo Niesten-Dietrich, Alcedo in Adendorf (fitness MANAGEMENT International 5/2010)
"Viel mehr als nur Geräteeinweiser"
Das ALCEDO in Adendorf bei Lüneburg ist eine multifunktionale Fitness-, Wellness- und Freizeitsportanlage, die ihren Schwerpunkt im Bereich Sport auf Medical Fitness gelegt hat. fitness MANAGEMENT International sprach mit Clubmanager Dr. Udo Niesten-Dietrich, der die ALCEDO-Rückenstudie mit herausgegeben hat.
Interview mit Dr. Udo Niesten-Dietrich
fMi: Herr, Niesten-Dietrich, inwieweit können Fitness-Anlagen die Schnittstelle zur medizinischen Fachwelt bilden?
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Moderne, Gesundheit kommunizierende Fitness-Anlagen haben die Aufgabe, wenn nicht sogar die Verpflichtung, eine Schnittstelle zur medizinischen Fachwelt herzustellen.
Etwas für die Gesundheit tun zu wollen ist neben dem Wohlbefinden das primäre Motiv des Fitnesstrainierenden. Dies verpflichtet und macht umfangreiche Qualitätsstandards entsprechender Anbieter erforderlich.
Unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung auf dem Weg in eine überalternde Gesellschaft und dabei immer knapper werdende finanzielle Ressourcen wird das Thema „aktive Gesunderhaltung" an Bedeutung gewinnen. Dabei ist das Thema „Gesundheit" ein interdisziplinäres Aufgabenfeld. Eine Verzahnung der Fachgebiete sollte angestrebt werden.
Welchen Stellenwert übernimmt dabei der Arzt?
Dr. U. N.-D.: Der Arzt im Fitness-Studio hat unter Berücksichtigung des Berufsrechts grundsätzlich mehrere Möglichkeiten der Kooperation mit einem Studio. Im ALCEDO Spa richten wir Seminare, Workshops und Informationsveranstaltungen mit Ärzten unterschiedlichen Fachrichtungen aus. So übernimmt beispielsweise der Chefarzt der Kardiologie des städtischen Klinikums in Lüneburg, Prof. Dr. Weiß, Workshops zu Fragen der Belastbarkeit bei internistischen Erkrankungen oder Herzrhythmusstörungen. Zudem ist er beteiligt bei internen Schulungen des Trainerteams wie Erste-Hilfe-Refresher und Einsatz des Defibrillators. Die Workshops für Mitglieder sind dabei ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Arbeit im Fitness-Studio geworden und werden gerne genutzt. Sie bieten eine gute Möglichkeit, psychosoziale Gesundheitsressourcen der Kunden zu verbessern. Der Aufbau von Hintergrund- sowie Handlungs- und Effektwissen führt nachweislich zu höherer Kompetenzerwartung (Selbstwirksamkeitserwartung) und damit zur Bindung an ihre sportliche Aktivität.
Vorstellbar sind auch Kooperationen in Form eines sportärztlichen Eingangschecks oder spezifischer Kurskonzepte. So übernimmt ein Psychiater und Psychotherapeut in der Rückenschule die Erarbeitung von Coping-Strategien zur Schmerzbewältigung. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn das Studio im eigenen Namen ärztliche Leistungen anbietet.
Was muss ein Studio gewährleisten, um Partner in der Prävention zu sein?
Dr. U. N.-D.: Im Sinne eines umfassenden Qualitätsmanagements (Total Quality Management, TQM) sollten die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität den Erfordernissen gesundheitsorientierten Fitnesstrainings entsprechen. So setzt beispielsweise eine gute Strukturqualität geeignete apparative Ausstattung und personelle Ressourcen voraus, um positive Ergebnisse zu erzielen. Ein Kunde, der beispielsweise unter einem begleitenden Impingement-Syndrom leidet, benötigt zur muskulären Sicherung der Rotatorenmanschette nun mal so genannte „therapeutische Seilzugsysteme" oder adäquate Kleingeräte.
Da das Trainerpersonal mit älteren Kunden fast immer in der Schnittstelle zwischen Prävention und Therapie arbeitet, macht dies umfangreiche Kenntnisse in der Pathophysiologie, der Sporttherapie und der Medizinischen Trainingstherapie erforderlich. Zudem ist eine hohe Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz gefragt.
Bewegungsfachberufe aus der Physio- oder Sporttherapie sind in der täglichen Trainingspraxis unverzichtbar. Dabei geht es um die Erreichung definierter Kundenziele, was mit betriebswirtschaftlichen Kenngrößen wie einer geringen Fluktuationsquote und hoher Mitgliederzufriedenheit korreliert.
Individuelle Trainingsplanung und -Steuerung im Sinne einer Periodisierung des Trainings sind dabei unverzichtbarer Bestandteil einer hohen Prozessqualität. Es geht nicht um „Einweisung in die Handhabung von Trainingsgeräten", sondern um Coaching des Kunden im Sinne der Zielerreichung und somit Sicherstellung der Ergebnisqualität.
Wie erkennt man ein solches Studio?
Dr. U. N.-D.: Es gibt im Prinzip nur den persönlichen Weg ins Studio, um die Abläufe zu erfragen und sich ein Bild zu machen. Hier sollte der kooperationswillige Arzt durchaus wählerisch sein! Erstes Indiz für ein hochwertiges Studio kann ein Gütesiegel sein. Zukünftig gehen das TÜV-Zertifikat und das Prae-Fit-Zertifikat gemeinsame Wege. Dies ist im Sinne einer verbraucherfreundlichen Kommunikation sehr zu begrüßen. Dennoch bleibt im Sinne eines TQM noch viel zu tun. Der nächste Schritt wird sicherlich eine DIN-Zertifizierung für Fitness-Studios sein.
Was halten Sie von § 20 SGB V?
Dr. U. N.-D.: Leider ist die Förderung von Gesundheitsprogrammen durch die gesetzlichen Krankenkassen sehr begrenzt. Ein regelmäßiges Training im Fitness-Studio, das nachweisbar gesundheitliche Parameter verbessert, sprich Test- und Re-Test-System, wird lediglich im Rahmen eines bescheidenen Bonussystems belohnt. Die Versicherten aber, die an einem definierten Kurs über 10 bis 12 Übungseinheiten teilnehmen, erhalten eine Vergütung bis zu 100 % der Kurskosten. Dies aber in der Regel nur einmal pro Jahr. Dabei gelten so strenge Kriterien für die bezuschussungsfähigen Kurse, dass die gängige Studiopraxis dies kaum leisten kann. Zudem belegen interne Zahlen, dass bei einem mittelpreisigen Studio nur die wenigsten Kunden als Mitglied gewonnen werden können, da ihnen Beiträge über 50 EUR/Monat zu hoch sind. Für den Kunden aber ist ein einmaliger Kurs der Kasse nur ein Strohfeuer ohne Wirkung.
So sehe ich noch viel Arbeit auf politischer Ebene, um dem regelmäßig Trainierenden, der im Sinne des so gerne diskutierten Selbstmanagement-Ansatzes seinen persönlichen Weg zu mehr Gesundheit gefunden hat, auch adäquat zu belohnen.
Randomisierte kontrollierte Rückenstudie
Dr. Niesten-Dietrich von ALCEDO SPA GmbH,
Adendorf/Lüneburg
A. Fromme und K. Völker vom Institut für Sportmedizin
des Universitätsklinikums Münster
Hintergrund
Es ist mittlerweile unstrittig, dass Prävention und Therapie von Rückenschmerzen einem biopsychosozialen Modell Rechnung tragen sollten. Insbesondere in der Tertiärprävention von Rückenschmerzen haben sich unter dem Oberbegriff „functional restoration" multimodale Konzepte etabliert, die aktive Trainingsmaßnahmen unter Berücksichtigung psychologischer Behandlungsanteile in den Vordergrund stellen. Auch wenn bislang aus prospektiven Studien keine ausreichende Grundlage für die Bewertung von Fitnessparametern als Risikofaktoren für die Entstehung von Rückenschmerzen vorliegt, zeigen zahlreiche Querschnittstudien zum muskulären Status von Personen mit Rückenschmerzen eine ausgeprägte „Dekonditionierung".
Studienziel
Die vorliegende Studie vergleicht mit einem intensiven Krafttraining und einem moderaten Ausdauertraining zwei differierende Trainingsformen auf ihre Wirksamkeit bei untrainierten Personen mit subakuter, rezidivierender, zum Teil chronischer Rückenschmerzproblematik. Das Training ist auf die Verbesserung konditioneller Parameter (Fitnessparameter) ausgerichtet und berücksichtigt keine weiteren Bausteine eines multimodalen Rückenkonzepts. Die Studie versucht der Frage nachzugehen, ob und in welchem Ausmaß Fitnessparameter verbessert werden und ob diese Veränderungen gegebenenfalls in der Lage sind, den Gesundheitszustand und die Schmerzwahrnehmung positiv zu beeinflussen.
Methode
Die Kraft-, Ausdauer- und Kontrollgruppe wurden vor und nach dem Training mit dem nachfolgend beschriebenen Testinstrumentarium getestet. Die Tests wurden von medizinischem Hilfspersonal durchgeführt. Die anthropometrischen Daten Gewicht, prozentualer Fettanteil, Muskelmasse und Wasserhaushalt wurden mit der Bioimpendanzwaage „InBody 720" der Fa. JP Global Markets erhoben. Der waist-to-hip-ratio (WHR) wurde mittels Maßband bestimmt.
Die isometrische Kraft der Rumpfflexoren und Rumpfextensoren wurde mit der Messtechnik des Back Check der Fa. H. Wolff erhoben.
Die Ausdauerleistungsfähigkeit wurde mittels fahrradergometrischer Belastung ermittelt. Die Bestimmung des Laktats erfolgte aus dem Kapillarblut des hyperämisierten Ohrläppchens mit Hilfe des Lactate Scout. Für die Erhebung der Daten zum subjektiven Gesundheitszustand und zur Schmerzorientierung wurde der Fragebogen SF-36 eingesetzt.
Stichprobenbeschreibung
In die Trainingsstudie wurden weibliche und männliche Probanden im Alter von 44 bis 55 Jahren aufgenommen. Voraussetzung zur Teilnahme waren chronische oder wiederkehrende Rückenschmerzen. Die Probanden sollten untrainiert (keine regelmäßige wöchentliche körperliche/sportliche Aktivität in den letzten 6 Monaten) und ohne größeres kardiovaskuläres Risikoprofil sein.
Trainingsmethodik
Die Krafttrainingsgruppe absolvierte über 8 Wochen drei Trainingseinheiten pro Woche mit einer Dauer von ca. 60 min. Das apparativ gestützte Krafttraining wurde in 2 bis 3 Sätzen bei 12 bis 15 Wiederholungen und einer Intensität von ca. 75 % der Maximalkraft durchgeführt. Es wurde in Form des Sequenztrainings an 7 bis 8 Geräten trainiert. Zu Beginn einer Trainingseinheit wurde ein 10-minütiges Aufwärmprogramm absolviert.
Die Ausdauertrainingsgruppe absolvierte ein pulsfrequenzgesteuertes Ausdauertraining an drei Trainingseinheiten pro Woche über eine Dauer von ca. 45 bis 60 Minuten. Eine Trainingseinheit pro Woche wurde durch ein Kraftausdauertraining ergänzt. Dabei wurden in 2 Sätzen bei ca. 50 bis 60 % der Maximalkraft 22 bis 25 Wiederholungen an 3 bis 4 rumpfstabilisierenden Krafttrainingsgeräten durchgeführt.
Ergebnisse
Insgesamt nahmen 34 Probanden an der Rückenstudie teil. Die Ausgangswerte der anthropometrischen Daten zwischen den Gruppen zeigten keine statistisch signifikanten Unterschiede.
Rumpfkraft
Beide Trainingsgruppen zeigten hochsignifikante Verbesserungen der Rumpfextensoren und Rumpfflexoren, während die Kontrollgruppe nahezu identische Kraftwerte aufwies. Die Kraft der Rumpfextensoren nahm in der Ausdauergruppe um 43,3 % (p < 0,01) und in der Kraftgruppe um 61,3 % (p < 0,01) zu. Die Kraft der Rumpfflexoren erreichte in der Ausdauergruppe eine Zunahme um 41,2 % (p < 0,001) gegenüber 16,5 % (p < 0,05) in der Kraftgruppe. In der Kontrollgruppe nahm die Kraft um 6 % (n.s.) ab.
Kardiovaskuläre Leistungsfähigkeit
Die Herzfrequenz sowie die Laktatkonzentrationen auf gegebenen Belastungsstufen sind als wichtige Kenngrößen für die Leistungsfähigkeit und den Trainingszustand anzusehen. Da nicht alle Probanden die 150-Watt-Stufe über die volle Belastungszeit absolviert haben, wird die 100-Watt-Stufe vergleichend herangezogen.
Die Ausdauergruppe verzeichnete eine signifikante Senkung der Herzfrequenz auf der 100-Watt-Stufe um 7,6 % (p < 0,05), die Kraftgruppe dagegen nur um 1,8 % (n.s.). Ein Vergleich der Laktatkonzentration auf gleicher Belastungsstufe zeigt signifikante Verbesserungen in der Ausdauergruppe (-30,1 %) und in der Kraftgruppe (-18,4 %).
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich beide Trainingsgruppen im Kraftniveau deutlich verbessert haben. Die deutlicheren Steigerungen der kardiovaskulären Leistungsfähigkeit erzielte die Ausdauergruppe. Die positiven Ergebnisse der Ausdauergruppe werden durch eine tendenzielle Senkung des systolischen Blutdrucks ergänzt,die auf der 100-Watt-Stufe mit einer Reduzierung um 10,3 % auf dem 5 %-Niveau signifikant war.
Subjektiver Gesundheitszustand:
Die Auswertung des SF 36 ergab ausschließlich in der Ausdauergruppe statistisch aussagekräftige Ergebnisse. So wurde der derzeitige Gesundheitszustand im Allgemeinen und im Vergleich zum vergangenen Jahr auf einem hohen Signifikanzniveau verbessert (p < 0,01). Signifikante Verbesserungen traten bezüglich der dokumentierten Schmerzstärke der vergangenen 4 Wochen auf. Auch wurden deutlich weniger Beeinträchtigungen durch Schmerzen bei der Ausübung von Alltagsaktivitäten zu Hause und im Beruf berichtet (p < 0,05).
In der Krafttrainingsgruppe konnte eine tendenzielle Reduzierung der Schmerzstärke auf dem 5 %-Signifikanzniveau beobachtet werden.
Schlussfolgerung
Aktive Trainingsprogramme unterschiedlichster Trainingsformen bekleiden einen hohen Stellenwert in der Prävention und Therapie von Rückenschmerzen. Die Wirkmechanismen sind dabei wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt. Das moderate Ausdauertraining in-Verbindung mit einer Kraftausdauereinheit zeigte bei untrainierten Rückenpatienten einige Vorteile gegenüber einem intensiven Krafttraining. Dies bezieht sich sowohl auf die positiven Effekte des subjektiven Gesundheitszustandes und der Schmerzintensität als auch auf den insgesamt kardioprotektiven Charakter eines ausdauerorientierten Trainings.
Literaturverzeichnis anzufordern unter: dr.fit@t-online.de
Lustgewinn statt Schmerzvermeidung (zn-H Nr34 Juni 2006)
Mit Wellfit zu Gesundheit, Fitness und Leistungsfähigkeit
sitzend: im Auto auf dem Weg zur Arbeit, am Schreibtisch während der Arbeit, im Fernsehsessel nach der Arbeit. Das Erbgut ist noch das jener Jäger und Sammler, die mit ganzem Körpereinsatz für ihren Lebensunterhalt kämpfen mussten.
Doch die von der Natur mitgegebenen hundert Prozent Organfunktion schwinden: Im Laufe des Lebens geht - unbemerkt, bis sich Beschwerden einstellen - wertvolle Muskulatur verloren. Allgemeiner Bewegungsmangel und einseitige Belastungsituationen sind anerkannte und jedermann bekannte Risikofaktoren für chronische Erkrankungen, weiß Dr. Udo Nie-sten-Dietrich. Doch Warnungen des Körpers werden zumeist nicht rechtzeitig in präventive Handlungen umgesetzt.
Bei den Fortbildungstagen für zahnmedizinische Prophylaxe- und Verwaltungsassistentinnen der Zahnärztekammer im Mai stellte der Sportwissenschaftler und Therapeut aus Leverkusen den Teilnehmerinnen sein „Wellfit-Erfolgsprogramm für Gesundheit, Fitness und Leistungsfähigkeit" vor. Das würde auch ganz einfach funktionieren - wenn da nur der Kopf nicht wäre, meint er. Der nämlich sei ziemlich einfach gestrickt: nur gerichtet auf zwei Dinge -Schmerzvermeidung und Lustgewinn. Das primär überlebensorientiert programmierte Gehirn lasse den Menschen leider erst bei Schmerzen aktiv werden. Es reagiere eher im Interesse von Schmerzvermeidung als zum Lustgewinn.
Doch die lächelnde Einstellung zu sich selbst, der lohnende Lustgewinn kann jedermann wieder in Bewegung bringen, ist er überzeugt.
Das geht nicht ohne Fleiß und Selbstüberwindung. Erst wenn eine Veränderung als „lohnend" akzeptiert wird, kann die Faszination der Welt der Bewegung wieder ganz entdeckt werden. „Lustgewinn", so der Referent, sei der Schlüssel zum Erfolg, um wieder die richtige Lebensbalance zwischen Körper und Gesundheit, Arbeit und Leistung, Familie und Freunde, Sinn und Kultur zu finden.
Welchen Stellenwert jeder einzelne Bereich für das individuelle Zufriedensein einnimmt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wenn aber eine Veränderung im Verhältnis dieser Lebensbereiche angestrebt wird, hilft nur eins: es zu tun.